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01.11.2009Druckversion
geschrieben von: Karina Eyrich


Einsatzbericht

Millionenschaden bei Brand in Recyclingfirma

Albstadt - Keine Chance hatte in der Nacht auf Sonntag die Feuerwehr, trotz Großeinsatzes, gegen das Flammenmeer in der großen Halle der Recyclingfirma Korn. Der Neubau des Betriebes ist komplett ausgebrannt. Es ist 2.55 Uhr nachts als die Brandmeldeanlage der Firma Korn auslöst.


Eine Polizeistreife und der Ebinger Feuerwehrkommandant Claudius Metzger sind die Ersten vor Ort. Sofort alarmieren sie sämtliche Albstädter Feuerwehren, denn sie wissen: Ein Brand in der Recyclingfirma kann dramatische Ausmaße annehmen. Sie sollen Recht behalten. Zu diesem Zeitpunkt steht der zehn Millionen Euro teure Neubau bereits lichterloh in Flammen. »Keine Chance -- bei der Hitze!«, sagt Wolfgang Ziegler.


Er ist nur einer von mehreren Stellvertretern des Stadtbrandmeisters, die in dieser Nacht im Einsatz sind. Ebenfalls vor Ort sind alle Albstädter Feuerwehrabteilungen, die Nachbarwehren aus Balingen und Winterlingen sowie aus Rottweil, der Balinger Stadtbrandmeister Joachim Rebholz, Kreisbrandmeister Jürgen Schwarz und später auch Bezirksbrandmeister Andreas Spalinger, der aus Tübingen kommt.

Neue Hubarbeitsbühne aus Rottweil im Einsatz

Das Licht von rund 30 Feuerwehrautos erleuchtet die Straße Unter dem Malelsfelsen taghell. Von allen Seiten greifen die Feuerwehrleute den Brand an. Doch nicht nur Wolfgang Ziegler, auch die anderen Wehrleute merken schnell: Gegen dieses Inferno haben sie keine Chance.

Und das, obwohl die Wehren richtig reagiert und sofort die besten verfügbaren Geräte bestellt haben, darunter den Gelenkmast der Feuerwehr Rottweil. »Es ist die erste Hubarbeitsbühne landesweit«, wird der Rottweiler Stadtbrandmeister Rainer Müller später erklären. »Und sie hat sich bewährt: der Knick, der große Korb und die hohe Werfleistung.«

Tatsächlich spritzen die Wehrleute aus allen Rohren mit Schaum und Wasser, wenngleich ihnen früh dämmert, dass die neue, 4000 Quadratmeter große Halle mit all ihren Förderbändern nicht zu retten sein wird. Nur die älteren Gebäude können die Wehren halten. »Dennoch«, sagt Frank Bähr, der den Einsatz leitet. »Man versucht natürlich alles.«

Gebäude nicht mehr zu retten

Die einzige gute Nachricht in dieser Nacht ist, dass keine Menschenleben in Gefahr sind. Personen befinden sich nicht in der Halle als das Feuer ausbricht. Und die Brandbekämpfer lassen trotz schweren Atemschutzgeräts Vernunft walten, erkennen schnell, dass sie im Gebäude selbst nichts mehr ausrichten können - und gehen raus. Statt dessen versuchen sie von oben, über sämtliche Fenster und Tore sowie durch die große seitliche Hallenzufahrt zu löschen, wo der Brandherd sitzt.

Dort lodern weiße Flammen. Mehr als 1000 Grad Hitze sind es, die dort herrschen. An der Frontseite springen Glasstücke auf die Straße. Die Hitze drückt sie heraus. Nur eine halbe Stunde später schirmen die Floriansjünger die Stelle komplett ab. Die Wand droht einzustürzen.


Nach über einer Stunde, in der das Feuer gewütet hat, ebbt das Flammenmeer etwas ab. Statt dessen steigt dichter Qualm - schwarz, weiß, grau - in den Himmel und zieht zunächst westwärts, weg von der Innenstadt. Ein Feuerwehrmann humpelt vorbei, begleitet von einem der 25 Rotkreuzhelfer, die in dieser Nacht im Einsatz sind.

Zwei Feuerwehrmänner werden verletzt

Er ist einer von zwei Verletzten der Brandkatastrophe. Ebenso wie sein Kamerad hat er sich nicht unmittelbar beim Löschen verletzt, sondern eine Verstauchung davon getragen -- einer der zahllosen Schläuche, die kreuzen und queren, ist zum Fallstrick geworden. Kurz vor halb fünf: Axel Pflanz, dem Ersten Bürgermeister der Stadt Albstadt, ist die Erschütterung anzusehen als er zur kleinen Lagebesprechung kommt, wo Frank Bähr und Wolfgang Ziegler ihn über die Situation informieren.

Was mit dem Löschwasser ist, will Pflanz wissen. Bähr kann Entwarnung geben, denn die Feuerwehrleute hatten sofort die Kläranlage informiert, dass Löschwasser kommt. Entsprechende Vorkehrungen zum Wasserschutz sind schnell getroffen. Auch der Rauch stellt keine größere Gefahr dar, wie die Wehr aus Engstlatt bei Messungen festgestellt hat: Es war hauptsächlich Sperr- und Hausmüll, der verbrannt ist.

Inzwischen rollen bereits Versorgungsfahrzeuge des Roten Kreuzes heran. Warme Getränke und Frühstück für 230 Feuerwehrleute bringen sie mit, und zwei Zelte, damit die erschöpften Brandbekämpfer kurze Verschnaufpausen einlegen, sich aufwärmen können. Mit 25 Einsatzkräften ist das zeitig alarmierte Rote Kreuz vor Ort.

Brand gegen 7.30 Uhr unter Kontrolle

Als die Wehrleute den Brand gegen 7.30 Uhr unter Kontrolle haben, können sie abwechselnd Pausen einlegen und werden mit Mannschaftstransportwagen des Roten Kreuzes zum Feuerwehrhaus gefahren, wo später am Morgen die Feldküche der Bereitschaft Meßstetten aufgebaut werden wird. Gulasch und Spätzle gibt es zur Stärkung. Denn das Ende des Einsatzes ist nicht abzusehen.

»Der Müll«, sagt Bähr. »Das muss alles erst auseinandergezogen werden.« Inzwischen ist der Tag angebrochen und eine dichte Rauchschwade zieht über Ebingen. An vielen Stellen in der Stadt stinkt es heftig nach Rauch. »Sogar in Balingen riecht man es«, sagt Landrat Günther-Martin Pauli, der mit seinem Stellvertreter Matthias Frankenberg gekommen ist, um sich über die Lage zu informieren und den Einsatzkräften zu danken.

Doch DRK-Kreisbereitschaftsleiter Dietmar Dieter sieht trotz des heftigen Qualms, der noch immer vom Gebäude aufsteigt, keinen Grund zu Sorge und verweist auf die fortgesetzten Messungen der Feuerwehr, die nichts ergeben hätten. Freilich seien vorsichtshalber die Kliniken informiert worden, sagt Dieter. Damit nichts über die Klimaanlagen in die Krankenzimmer ziehe.

Das Ende des Einsatzes ist am Vormittag noch längst nicht abzusehen. Sogar die Feuerwehr aus Ulm rückt noch an, mit ihrem großen Kran. »Damit wir von oben, in der Mitte des Daches, weiterlöschen können«, erklärt Frank Bähr. Für ihn und seine Kameraden wird es ein langer Tag und vermutlich nochmals eine lange Nacht.

Erst Anfang der neuen Woche wird der Einsatz enden und die Suche nach der Brandursache beginnen. Es ist nicht die einzige offene Frage -- auch wie es für die Firma Korn nun weitergeht, muss die Zukunft zeigen. Die 2008 eingeweihte Halle mit einer der modernsten Recycling-Anlagen der Region war ihr ganzer Stolz.

Quelle: Schwarzwälder Bote

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